Für Nutztier-Halter


Hornkühe leiden lange, sagt eine Studie aus Bern

Das Wichtigste in Kürze

  • Das Schweizer Volk hat die Hornkuh-Initiative mit 54.7 Prozent der Stimmen abgelehnt. 
  • Dies, obwohl Studien zeigen, dass Kälber auch nach der Enthornung Schmerzen empfinden. 
  • Die Uni Bern publiziert eine Studie, die für enthornte Kälber chronische Schmerzen belegt. 

Im November erteilte das Schweizer Volk dem Bergbauern Armin Capaul und seiner Hornkuh-Initiative eine Abfuhr. «Ist Horn wegschneiden beim Kalb nicht wie Nägel schneiden beim Menschen», fragten viele und legten ein Nein in die Urne.

Heute nun publiziert die Universität Bern die Resultate einer Studie zum gleichen Thema. «Wir konnten zeigen, dass die Kälber trotz optimaler Betäubung und Schmerzausschaltung unmittelbar nach der Enthornung eine trigeminale Allodynie entwickelten, das heisst eine Schmerzempfindung, die auf an sich nicht schmerzhafte Reize hin entsteht. Zudem stellten wir eine sogenannte Hyperalgesie fest, das heisst eine übermässige Schmerzempfindlichkeit», sagt Tierärztin Mirra Spadavecchia.

 

Chronische Schmerzen

Dass die Kälber während der Enthornung Schmerzen empfinden können, belegten schon verschiedene Studien vor der Abstimmung. Die Ergebnisse aus Bern konnten nun auch aufzeigen, dass die Schmerzen für jedes dritte Kalb chronisch werden. «Wir schliessen daraus, dass die Folgen der Enthornung weit über die Akutphase hinaus reichen können.

Einzelne Tiere können unabhängig vom Alter und der Schmerzausschaltung zum Zeitpunkt der Enthornung von einer chronischen Überempfindlichkeit und somit von chronischen Schmerzen betroffen sein», so Spadavecchia.

Hier sind Fachleute in der alternativen Tierheilverfahren aufgerufen zu informieren und natürlich auch mit Ihren Möglichkeiten zu behandeln. 
Tierheilpraktiker, TCM, manuelle Therapie und nicht zuletzt auch die Tierkinesiologie.


Das leiden der Merinoschafe

Merinowolle ist besonders angenehm im Tragen und entsprechend teuer. Doch für deren Gewinnung erleiden Merinoschafe entsetzliche Qual.

Eva Rosenfelder

Merinowolle ist kuschelweich und von wunderbarer Qualität. Kein Wunder, wird das wohlige Material hochgeschätzt, längst nicht nur für Schals, Pullover und Wolljacken, sondern auch für Outdoorbekleidung und Funktionswäsche. Tendenz steigend. Die meiste Wolle weltweit wird in Australien, Neuseeland und China produziert. In Australien liefern mehr als 125 Millionen Schafe über zwanzig Prozent des weltweiten Wollaufkommens, fünfzig Prozent davon sind Merinoschafe. Sie werden als besonders produktive Feinwollschafe geschätzt, können doch die ertragreichsten Tiere bis zu zehn Kilogramm Wolle pro Jahr liefern. Diese Qualität hat einen hohen Preis – nicht nur für die Konsumentinnen und Konsumenten: Unzählige vorwiegend australische Merinoschafe erdulden für die schöne Wolle entsetzliche Qualen.

Tierquälerisches «Mulesing»

Zu Tausenden leben australische Merinoschafe auf grossen Farmen. Durch die Massenhaltung sowie durch die für diese Art Schafe völlig ungeeigneten feucht-schwülen klimatischen Verhältnisse werden genauso massenhaft Schmeissfliegen angezogen und umlagern die Herden. Ungünstigerweise wurden den Merinoschafen für eine bessere Wollproduktion (sprich: höhere Erträge) extra viele Hautfalten angezüchtet, denn: je mehr Haut vorhanden ist, desto mehr Wolle ... Doch diese Hautfalten werden den Tieren zum Verhängnis, vor allem am Hinterteil, wo Feuchtigkeit und Reste von Kot und Urin haften bleiben. Dort legen die lästigen Schmeissfliegen mit Vorliebe ihre Eier ab. Mit fatalen Folgen: Die Fliegenmaden fressen sich tief ins Fleisch und verursachen schlimme Infektionen, die bis zum Tod der Schafe führen können. Während der heissen Sommermonate sterben zudem immer wieder Tiere an Überhitzung durch das unnatürlich dicke Fell.
Die Farmer versuchen, den Schmeiss­fliegenbefall durch «Mulesing» oder «Mulesierung» zu verhindern, relativ harmlos als «chirurgische Entfernung der Haut im Afterbereich» bezeichnet. In Tat und Wahrheit aber handelt es sich dabei um eine tierquälerische Prozedur: Oft ohne jegliche Narkose oder spätere Wundversorgung werden den jungen Lämmern bis zu tellergrosse Hautstücke aus dem Afterbereich geschnitten, und meist wird gleichzeitig auch noch der Schwanz kupiert. Gemäss dem australischen Wollvertriebsverband AWEX erhalten zwei Drittel der Schafe zwar inzwischen zumindest Schmerzmittel, doch noch immer geht die Zahl der unbetäubten Tiere in die Millionen.

Weniger wäre mehr

Der für die Lämmer traumatische Eingriff sollte nach dem Verheilen eine weitere Eiablage der Fliegen verhindern. Oft entstehen aber später Entzündungen oder gar Krebs, beobachten australische Tierschützer. Damit in den offenen Wunden nicht wieder Eier abgelegt werden, behandelt man die Tiere mit Insektizid- und Fungizidlösungen – dies nicht nur in Australien, sondern auch in anderen Wolle produzierenden Staaten. Dabei werden die Tiere kopfüber in die giftige Lösung eingetaucht, wodurch nicht nur die Gesundheit der Tiere, sondern später auch die der Konsumentinnen und Konsumenten beeinträchtigt wird, denn das Gift haftet in der Wolle.
Durch regelmässiges Kontrollieren der einzelnen Tiere und Scheren an den gefährdeten Stellen könnte man das Mulesing komplett verhindern. Doch braucht dieses Vorgehen Zeit und bringt Mehrkosten pro Schaf und pro Jahr, was eine Massentierhaltung nicht zulässt. Kaum ein australischer Züchter will solche Einbussen auf sich nehmen in einer vom Preiszerfall geprägten Industrie. Auch von Tierschützern vorgeschlagene Alternativen wie Fliegenfallen oder das Züchten von Rassen, die an den betroffenen Körperregionen weniger Wollwuchs haben respektive besser ans heisse Klima angepasst sind, stossen bei den Wollproduzenten auf taube Ohren. Hier kann einzig der Druck und die klare Forderung der Konsumentinnen und Konsumenten nach transparent deklarierten mulesingfreien Produkten etwas bewegen.

Meist ohne Gewähr

Leider ist es nicht einfach, die Verkaufskanäle bis hin zum Farmer zu durchleuchten. Viele Detailhändler mit Hunderten von Lieferanten und Marken im Sortiment haben nur begrenzten Einblick in die Produktion. Eine Gewähr für wirklich tierschutzgerechte Merinowolle gibt es kaum. «Die konsequenteste Möglichkeit ist es aus unserer Sicht, komplett auf australische Merinowolle zu verzichten», sagt Barbara Engel, Leiterin Nachhaltigkeit und Kommunikation der Triaz GmbH. Selbst bei kontrolliert biologischer Wolle ist Mulesing nicht auszuschliessen. Triaz führe nur noch sehr wenige Merinoprodukte aus Australien im Sortiment, man weiche aus auf Neuseeland, Südamerika oder die Mongolei: «Diese Länder haben schon aus klimatischen Gründen das Problem mit dem Fliegenbefall nicht und betreiben deswegen kaum Mulesing.» Im Gegensatz zu Australien hat Neuseeland 2007 das Mulesing abgeschafft, doch mancherorts wird es trotzdem noch praktiziert. Generell besteht bei vielen Firmen ein Pro­blembewusstsein zur Mulesing-Thematik und sie fordern von ihren Lieferanten ausdrücklich mulesingfreie Produkte. Die Schwierigkeit aber ist es, das Einhalten dieser Forderungen adäquat zu überprüfen: So sind etwa fünfzehn Prozent der überprüften Mulesing-Deklarationen gemäss der Verantwortlichen der australischen Wollbörse AWEX nicht konform oder falsch. Da es für Merinowolle aus tierschützerisch unbedenklicher Haltung kaum Garantien gibt, empfiehlt der Schweizer Tierschutz STS, auf den Kauf von Merinoprodukten zu verzichten.